„Was ich noch sagen wollte…“
Nachruf auf meinen Lehrer, meinen Kollegen, meinen Freund (von Sandra Bohle)
„Was ich noch sagen wollte…“, so nannte Walter im Juni 2011 seine letzte Vorlesung an der Filmakademie. „Vertraut auf Euch selbst. Bleibt Euch selber treu.“ Das waren die ersten beiden Sätze. Und das sagt viel über seine Haltung, als Lehrer und als Mensch. Er mutete seinen Studierenden zu, man selbst zu sein, zu sich zu stehen, den eigenen Weg zu finden. Er wollte nichts einreden, er wollte keine Nachahmer, er wollte, dass seine Studentinnen und Studenten selber denken. Am Ende seiner Lehrtätigkeit sagte er mir, er sei stolz darauf, in den 21 Jahren als Professor für Drehbuch und Dramaturgie kein einziges Talent, das ihm anvertraut war, beschädigt zu haben. Diese Bescheidenheit und Vorsicht im zwischenmenschlichen Umgang waren typisch. Meist verbarg er seine starke Empathie und kaum jemand wusste, wie genau er alle Menschen erkannte und durchschaute. Er war ein großer, ein weiser Lehrer und Mensch. Freiheit und Mündigkeit waren ihm wichtig. Und Haltung, auch politische. Künstlerisch ließ er sich nicht einordnen, legte sich nie fest, sein Werk ist vielgestaltig, seine unstillbare Neugierde trieb ihn immer wieder in unbekannte Gefilde, ließ ihn sich immer wieder neu erfinden. Als Kinderbuchautor, Filmemacher, Drehbuchautor, Hörspielautor, Schriftsteller, Sachbuchautor, Fotograf hinterlässt er Spuren, auf allen Gebieten erlangte er Meisterschaft. Walter riskierte bis zuletzt immer Neues, er setzte nie auf sicheres Terrain. Sein Werk ist zeitlos, vieles wurde zu Klassikern, nichts unterlag der Mode oder dem Zeitgeist. Walter blieb sich immer selber treu. Er lebte so, wie er seinen Studierenden lehrte. Ich bin stolz, seine Schülerin gewesen zu sein und danach noch viele Jahre an seiner Seite als Assistentin und Kollegin gearbeitet zu haben. Ich habe viel von ihm gelernt, ich habe ihm viel zu verdanken.
Es fällt mir schwer, Abschied zu nehmen. Walter, ich vermisse Dich.