Die Filmakademie Wien trauert um ihren lieben Freund, geschätzten Kollegen und Professor
Peter Patzak (Januar 1945 – März 2021)
Peter Patzak hat Filme in und über Österreich gemacht. Er hat vor allem mit seiner Beobachtungsgabe der Wienerin und dem Wiener so trefflich aufs Maul geschaut, wie kaum ein anderer.
Er war eine Arbeitsbiene und hat am laufenden Band gedreht, damit wuchs ich in der Branche auf. Dass Peter nicht mehr unter uns weilt, klingt seltsam und fremd. Seine unvergleichliche Stimme hallt für uns noch lange nach.
Die Filmakademie Wien wird ihm immer verbunden bleiben.
(Danny Krausz, Institutsleiter Filmakademie Wien)
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Wenn es langsam dunkel wurde, weil sich der Tag seinem Ende näherte, wollte er unter keinen Umständen, dass jemand das Licht im Raum einschaltet. Das hätte den Genuss zerstört, die Farben dabei zu beobachten, wie sie sich in der Dämmerung verändern.
In dieser Atmosphäre fand sein Unterricht statt.
Da war er dann keiner, der gerne belehrte. Er begann zu fragen, als wäre er selbst der Lernende. Er fragte solange, bis ihm keine Antwort mehr gegeben werden konnte. Eine zu suchen, war dann die Aufgabe bis zum nächsten Mal.
Er war überzeugt davon, dass sich ein guter Professor durch das auszeichnet, was er nicht ausspricht, besonders wenn es um die Schwächen in den Filmen der Studierenden ging.
Ob ein Mensch authentisch ist, war ihm das wichtigste Kriterium. Empfindlich reagierte er auf alle Pseudokunstattitüden, die er als ‚Kunstgewerblichkeit‘ bezeichnete.
Peter Patzak war ein immerfort Schauender und Hörender. Nur so lässt sich seine ungeheure Werkfülle erklären, die von einem atemberaubenden Wissen über Kunst und Geschichte genährt wurde. Über hundert Filme hat er gedreht. Theaterstücke und Romane geschrieben. Zuletzt erschien Wo bitte wohnt Herr Friedrich Engels? Darüber hinaus war die Malerei immer ein wesentlicher Bestandteil seines Schaffens. Er sah in dieser Vielfalt nie einen Widerspruch, sondern im Gegenteil eine bereichernde Wechselwirkung. Alle seine Arbeiten sind akribisch recherchiert und mit derselben Ernsthaftigkeit gemacht, egal ob es sich um einen Film für das Kino oder für das Fernsehen handelte. Egal, ob er für das Theater schrieb, dabei Regie führte oder dann auch noch die Kulissen selber baute. Und wenn er malte, sind die scheinbar abstrakten Bilder aufgrund konkreter Geschichten oder Gegenstände entstanden. Diese Gemälde wirken wie Erinnerungen, die sich hinter Elefantenhaut verbergen.
Die Idee, man müsse sich auf ein Gewerk konzentrieren, um sich als künstlerische Identität zu erschaffen, hat er stets verachtet. Sein Lebenswerk beweist, dass er damit recht hatte.
So konnte es ihm gelingen mit dem Film Kassbach – ein Portrait Filmgeschichte und einer Krimiserie Kottan ermittelt Fernsehgeschichte zu schreiben.
Nicht unerwähnt soll hier ein Film sein, der ihm selbst so am Herzen lag, nämlich die Martin Walser Verfilmung Das Einhorn.
Erstaunlich war, dass er alle seine Filme so genau in Erinnerung haben konnte. Auch nach Jahrzehnten war er mit ihnen in Kontakt, wie man zu seinen erwachsenen Kindern in Kontakt zu stehen pflegt, wenn die Beziehung gelungen ist.
Privat hat er sich selbst als scheuen Menschen gesehen. In Lokalen hat er stets an den versteckten Nischentischen Platz genommen.
Seine Gegenwart inspirierte dazu, selbst produktiv zu werden. In diesem Sinne prägte er auch die Filmakademie Wien, die er von 2008 bis zu seiner Emeritierung 2013 leitete und die in dieser Zeit zu einer der erfolgreichsten der Welt wurde.
Bis zu seinem letzten Tag hat Peter Patzak gearbeitet und neue Projekte geplant.
In einem Nachruf dürfen die vielen Preise und Ehrungen nicht unerwähnt bleiben, die er für sein Schaffen erhielt. Unter anderem den UNESCO-Preis der Berlinale (1979), den Adolf-Grimme-Preis (1985), die Goldene Romy (1992), den Max-Ophüls-Preis (1996), den Canal Grande Award der Internationalen Filmfestspiele von Venedig (2002). Er war Träger des Großen Silbernen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich (verliehen 2009, überreicht 2010) und erhielt zuletzt das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien (2020).
Aber trotzdem, wer ihn wirklich gekannt hat, weiß, dass ihm die leisen Töne mehr entsprochen haben, damit der Klang der Stille nicht überhört werden kann.
(Hubert Canaval, a.o. Univ.Prof. Regie)
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Peter Patzak war viel mehr als ein Lehrer, er war ein Mentor, ein Vertrauter, ein väterlicher Freund. Einer, der einen immer beschützt hat – vor Kleingeistigkeit, vor Selbstzensur und einem kunstfeindlichen Bürokratismus, von dem die Filmakademie Wien durchaus nicht frei war. Er wurde 1993 Professor, weil sich die Studierenden für ihn eingesetzt hatten. Und auch als er 2008 Institutsleiter wurde, waren es die Studierenden, die ihn letztlich davon überzeugen konnten, das Amt anzutreten, obwohl er lange damit gehadert hatte. Denn jede Form von Vereinsvorsitz war ihm von Natur aus fremd. Und genau deshalb hat er die Akademie in den Folgejahren von einem gewissen autoritären Muff in ein freigeistiges Denken und Handeln überführt, von dem unser Haus noch heute zehrt. Produktionssitzungen waren auf einmal kein Schrecknis mehr. Widerrede, Widerstand und Nonkonformität kein Grund für Krisensitzungen und emotionale Abstrafungen. Lob und Anerkennung für sein Wirken hat er nie erwartet. Dafür war er zu cool. Und zu melancholisch. Sein Tod hinterlässt eine riesengroße Lücke – und uns Studierende, die wir ihn noch erleben durften, in unendlicher Trauer.
(Albert Meisl, Studierendenvertreter, Regiestudent)
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Adieu, Peter Patzak. 1945-2021
Peter Patzak unterrichtete auf der Filmakademie, als ich ihn kennen lernen durfte. Er legte mir bei der Aufnahmeprüfung 1993 ein Bild von Francis Bacon vor und fragte mich mit seiner typisch sonoren Stimme „Was sehen Sie?“ Ich schaute ihn an, wie er lächelnd forschend auf eine Antwort wartete. Ich schaute wieder das Bild an, in tiefem Rot gehalten, und begann intuitiv meine Assoziationen dazu möglichst unzensuriert auszusprechen, fühlte währenddessen, wie wichtig Patzak dieses Bild war. Erst später erfuhr ich, dass er selbst malte, nie damit aufhörte und wenn er nicht Filmregisseur geworden wäre, dann unbedingt bildender Künstler, den ich in der Begegnung mit ihm immer spürte.
Man erzählte sich wilde Dinge über Patzak und seinen Dreharbeiten, dass sie intensiv wären und wagemutig, verrückt und durchaus auch improvisatorisch, dass er in New York gelernt hatte und Autodidakt war, dass er von seiner Crew das totale Engagement verlangte, wer am Set Zeitung las, flog, hieß es etwa. Ich fragte mich zuletzt, was Patzak machen würde, wenn er aktuell Handys am Set sehen würde. Er hatte durchaus eine beeindruckende Autorität, um im gleichen Moment sanft, warm und mit fundierter Filmliebe, intellektuell versiert mit den Gedanken eines auch in sich Zurückgezogenen die richtigen Worte im richtigen Moment zu finden.
Bei einem seiner legendären Gartenfilmabschlussfeste in Patzaks Weidlinger Haus sah ich als Zaungast zu, wie er seine Schauspieler*innen herzte, charmant vergötterte. Er ließ sie strahlen. Er wusste zu feiern. Die Crew schien Peter, ihren Regisseur, wert zu schätzen und zu lieben. Er zeigte den Anwesenden ein paar seiner Gemälde im Atelier. In Erinnerung blieb mir die Atmosphäre, die einen Hauch von weiter Welt und Rock n Roll in den Wienerwald brachte.
Nach der Filmakademie blieben wir lose befreundet. Wenn ich ihn zu einer Filmvorführung einlud, kam er verlässlich und seine Worte waren immer Triebfeder, ermunternd, die Kritik eines Kosmopoliten. Zuletzt begegneten wie uns im Wiener Stadtkino. Mit Anja Salomonowitz veranstalteten wir 2017-2019 die Reihe Widerstandskino und wir zeigten Kassbach, Patzaks Meisterstück (neben Kottan, der in der österreichischen TV Geschichte einzigartig da steht). Dieser Kinofilm aus dem Jahr 1979 gehört zu meinen Favoriten aus der Zeit des österreichischen raging male Cinema.
Kassbach beeindruckt als spannendes Röntgenbild faschistischer Gesinnung im Nachkriegsösterreich. Wer sich den Film heute ansieht, erschrickt angesichts aktueller Relevanz in der Personenzeichnung Kassbachs. Nach dem Film sprach Patzak mit dem Publikum. Politisch tief im Widerstand verwurzelt erörterte er mit scharfer Klinge, mit der Wut eines 1945 Geborenen, die beunruhigenden politischen Zeichen der Gegenwart. In seinem Auftreten war kein Zweifel. Hier geschieht Unrecht. Dass sein Kassbach auch nach mehr als 30 Jahren ins Schwarze traf und die Menschen berührte, freute ihn.
Nach der Vorstellung fuhr der große Regisseur Patzak bei mir im kleinen Auto mit. Zufällig lebten wir beide in der gleichen Gegend, Nachbarn in Niederösterreich. Auf der späten, bereits leeren, dunklen Autostraße erzählte er mir offen von seinem Herzen, das nicht mehr mitspielen wollte. Nach einem Infarkt in Italien war er, besessen von der Idee in ein österreichisches Spital zu fahren, 8 Stunden ohne Pause mit dem Auto nach Wien gerast, um dort zu „seinem“ Arzt zu gehen, der ihn auffing. Ich bekam danach, wenn ich an ihn dachte, immer wieder dieses Bild von Peter, wie er mit verletztem Herzen allein am Steuer mit 200 kmh nachts von Italien nach Wien rollt. Ich sah in diesem lebensgefährlichen Moment so viel Gebrochenheit und gleichzeitig die ihm innewohnende leuchtende Widerstandskraft in filmischer, tragischer Schönheit.
Diesmal konnte sein Herz nicht mehr gerettet werden.
Peter war ein beeindruckender Mensch und Künstler. Er wird den Menschen, die ihn kannten, fehlen. Die Filmwelt hat einen großen österreichischen Regisseur verloren.
Seine Filme werden bleiben.
Danke und Adieu, Peter Patzak.
(Mirjam Unger, Regisseurin & Drehbuchautorin)
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Peter Patzak war Künstler mit Leib und Seele, wir alle verdanken ihm viel, und er war ein wunderbarer Freund.
(Peter Huemer, Publizist, Journalist, Historiker)
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Lieber Peter,
ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass es dich nicht mehr gibt. In den 1970ern haben wir viele Abende und Nächte mit Reden, Trinken und Rauchen verbracht. Deine unbändige Energie und deine ansteckende Begeisterung haben nicht nur mich, sondern jede und jeden in deinen Bann gezogen. Du hast aber nicht nur immerfort tausend Pläne und Vorhaben gesponnen – du hast sie in einer an Lichtgeschwindigkeit grenzenden Schnelligkeit verwirklicht. Tun, nicht nur reden und träumen, war dein Kredo. Das war zu einer Zeit und in einem Land, in dem Trägheit, Angst vor allem Neuen und Widerstandslosigkeit herrschten, einmalig. Wir ereiferten uns mit alkoholschweren Zungen bis in die Morgenstunden über den Nazi-Mief in unserem Land, und schon gab es das Projekt „Kassbach“. Wir schwärmten über Walter Kohuts Darstellung des Hallodri in Erich Neubergs Inszenierung von „Geschichten aus dem Wienerwald“ und schon wurde er für die Hauptrolle gewonnen. Als du mich gefragt hast, ob ich dabei sein will, habe ich natürlich begeistert ja gesagt. Und schon standen wir im arschkalten Morgengrauen an der Alten Donau mit deinem treuen Team und drehten den Film, der ein wichtiger Beitrag zur (bis heute noch nicht vollbrachten) Abrechnung mit den Ewig-Gestrigen war. An jedem unserer, in den letzten Jahren leider immer selteneren Treffen, hast du mit großer Leidenschaft von neuen Projekten gesprochen, als würden wir noch immer mit Mitte Zwanzig, in den Rauchschwaden im „Alt Wien“ mit einem Weinglas an der Theke lehnen. Zuletzt war es ein Filmprojekt über eine vertriebene jüdische Wiener Familie. Diesen Film wirst du nicht mehr drehen können. Dein wacher Geist, deine Umtriebigkeit und deine stille Sanftheit, die ich auch erleben durfte, werden mir fehlen. Du hast aber sehr vieles hinterlassen, an dem wir uns trösten und aufbauen können.
Adieu. Dein Milan.
(Milan Dor, Produzent, Drehbuchautor, Regisseur)
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Niemand hat größeren Einfluss auf mein filmisches Schaffen genommen als Peter Patzak. Unsere Begegnung hat mich im besten Sinne fundamental erschüttert. Was ich heute über Film weiß, weiß ich wegen ihm oder durch ihn. Er war mir Lehrer, Mentor, Kollege und Freund. Der Gedanke, dass unser Austausch nun zu Ende sein soll, schmerzt mich sehr.
(Stephan Wagner, Regisseur)
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In unserem Studio hängen zwei Bilder von Peter. Er hat sie mir einmal als Dank dafür geschenkt, dass ich ihn spät am Abend nach einem langen Schnitttag heim nach Klosterneuburg gebracht habe. Er bat mich in sein Atelier und meinte: „Such dir zwei aus.“ Diese Bilder aus seinem Shanghai-Zyklus liebe ich und sie erinnern mich jedes Mal an Peter und an die Lebensphase, in der wir viel Kontakt hatten. Er hatte einige Fernsehfilme, zumeist mit Michou Hutter oder Evi Romen, in meinem Filmschnittstudio geschnitten und oft haben wir in Pausen an unserer Bar im Foyer geplaudert oder wir haben den Schnitttag mit einem Gläschen ausklingen lassen.
Ich habe immer wieder Werbespots geschnitten, die er gedreht hatte. So einmal auch einen Spot für Anker Brot. Ein kleines Mädchen und ein kleiner Bub sitzen auf einer Bank und haben einen Laib Brot in der Hand. Die beiden haben einen kurzen Dialog, der beim Dreh nur als Primärton aufgenommen wurde. Nach dem Schnitt haben Peter und ich für die Agenturabnahme am nächsten Tag den Spot provisorisch mit verstellten „Kinderstimmen“ nachsynchronisiert. Wir hatten viel Spaß dabei und es gefiel uns besser als die Synchronisation, die dann gesendet wurde. Das Tape habe ich glaub‘ ich noch – aber wo?
Wir haben gemeinsam gelacht, waren gemeinsam ernst und manchmal auch traurig. Peter kannte alle Schattierungen des Gefühlslebens. Beim Schneiden ging es ihm vor allem um das Bauchgefühl. Er ließ sich formal nicht einschränken. Ich habe von ihm nie ein unangenehmes Wort gegenüber den Menschen, die mit ihm gearbeitet haben, gehört. Seine Ansprachen waren immer ein Ereignis mit besonderem Humor wie auch besonderem Tiefgang und Poesie. Alle haben gebannt gelauscht, wenn er mit einer Rede eine Veranstaltung der Filmakademie im Gartenbaukino eröffnet hat und sowohl subtil wie zugleich messerscharf die (kultur)politische Lage betrachtet hat.
Letztes Frühjahr – während des Lockdowns – am Ostersonntag habe ich von Peter geträumt. Es war ein erschreckender wie auch liebevoller Traum. Ich habe ihn daraufhin angerufen und ihm davon erzählt. Wir vereinbarten, dass wir, sobald es wieder möglich ist, gemeinsam in Klosterneuburg zu einem Heurigen gehen. Dazu ist es leider nicht mehr gekommen. Peter ist gegangen – wir sind geblieben – und trotzdem sind wir nicht getrennt.
Danke für alle Liebe, die du der Welt geschenkt hast!
Michael.
(Michael Hudecek, Univ.Prof. Schnitt)
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Am 1. Oktober 2006 war mein erster Tag an der Filmakademie Wien. Vorher hatte ich mich drei Wochen lang durch die Aufnahmeprüfungen durchgerungen. Ich hatte vor den Aufnahmeprüfungen Prof. Patzak eine Mail geschrieben. Eine, voller Leidenschaft, in der ich gesagt habe, dass ich vielleicht nicht der talentierteste bin, aber ich werde derjenige sein, der am härtesten arbeitet. Tag und Nacht für meine Filme. Er hatte mir auf diese Mail nicht direkt geantwortet. Als ich am 1. Oktober meinen ersten „Schultag“ hatte, lud er mich mit seiner Frau und einigen Freunden zum Essen ein. Ich war sehr überrascht und fühlte mich sehr geehrt. Er umarmte mich sofort. Es war, als ob ich in seiner Wärme irgendwie verschwinden würde. Es fing mich ein wenig auf. Dann, nach ein paar Gläsern Wein, flüsterte er mir ins Ohr: „Wenn du deinen Arsch nicht anstrengst, werd ich dir immer wieder deine Mail zeigen, in der du mir geschrieben hast, dass du am härtesten arbeitest.“ Allein dadurch, weil er mich mit zum Essen nahm, mich auffing, aber trotzdem von mir verlangte, dass ich hart arbeite, war meine Einstellung an der Filmakademie von Anfang an: Nicht rasten, reinkloppen. Und heute noch arbeite ich hart…immer härter, damit Prof. Patzak mir nicht vorhalten muss, was ich ihm mal versprochen hatte: Dass ich immer alles geben werde!
Ich drücke Sie sehr, Professor Patzak.
(Hüseyin Tabak, Regisseur)
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Peter war auch für mich ein Kollege an der Filmakademie als Professor und dann als Institutsleiter. Bei allen Versuchen, Lehrpläne, Praktikas und viel Kleinkram zu „reformieren“, haben wir sehr oft am gleichen Strang gezogen, was nicht immer gereicht hat…
Peter hat mit großer Energie ein Filmprojekt betrieben (er hat immer noch geträumt von einem großen Film) und da hat er mich mitträumen lassen für eine Zusammenarbeit…
Ich habe ihn eigentlich erst wirklich als Maler und er uns (meine Frau Marika und mich) als Ausstellungs-Macher näher kennen gelernt anlässlich unserer Fotobuch-Ausstellung „GREEN – Photographic Sights 1894-2010“. Der malende Regisseur hat mich sehr überrascht – ich war von seiner Bilderwelt sehr beeindruckt. Sehr.
Über Jahre hinweg haben sich unsere Mails überkreuzt und ein versprochenes Muschelessen mit Weißwein hat jetzt nicht mehr stattgefunden – Schicksalsschläge und Krankheit haben unsere Wege nicht mehr zusammen geführt – das tut mir leid.
Peter, wir müssen das Muschelessen noch einmal verschieben… Tut uns wirklich leid.
Wir wissen alle nicht, ob es nachher noch Träume gibt – ich denke, Peter träumt noch.
(Christian Berger, Kameramann & Marika Green, Schauspielerin)
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Bei Peter Patzak zu studieren hieß nicht belehrt zu werden, sondern einem Menschen gegenüber zu sitzen, der vor allem Fragen stellte. Dabei ging es oft gar nicht um den Film, den man gerade gemacht hat, sondern um Privates oder Kunst im Allgemeinen. In meiner Erinnerung sehe ich ihn dabei immer durch die Rauchschwaden einer Zigarette im abgedunkelten Professoren-Zimmer, als würde er jeden Ort, den er betritt, in einen Film-Noir aus den 80ern verwandeln.
Erst im Nachhinein ist mir bewusst geworden, wie viel Freiheit ich in diesem Studium hatte. Auch die Freiheit zu scheitern. In so einem Fall meinte er einmal „Es ist, was es ist“ – und damit konnte ich wieder nach vorne schauen und weiterarbeiten.
Vielen Dank für diese schöne Lern- und Ausprobier-Zeit, lieber Peter.
Dominik Hartl (Regisseur)
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Mein Kollege an der Filmakademie Wien und Freund Peter Patzak hat nach seiner Emeritierung 2013 die Institutsleitung an mich übergeben und ich war in den folgenden Jahren bemüht diese Tätigkeit gemeinsam mit Kolleg*innen in seinem Sinne weiterzuführen. Vor allem: künstlerischen EigenSinn zu bewahren, ambitionierte innovative Produktionen zu fördern, gesellschaftspolitisch kritische Positionen zu stärken und einen intensiven Austausch mit den Studierenden über Kunst zu unterstützen. Vieles von seinem künstlerischen und kenntnisreichen Esprit konnten wir weitertragen und in einigen Punkten erweitern. Auch nach seiner Emeritierung blieb Peter der Filmakademie Wien freundschaftlich verbunden und die Begegnungen mit ihm waren stets sehr herzlich und inspirierend und sie waren prägend für viele meiner Schritte und Entscheidungen als Institutsleiterin sowie Professorin.
Claudia Walkensteiner-Preschl (Univ.Prof. Medien- und Filmwissenschaft)
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Ich habe Peter Patzak vor etwa 12 Jahren kennengelernt. Damals kam die Idee auf, ein Buch und eine Filmreihe über Peter und sein Werk zu machen. So kam ich erstmals zu ihm und Evy nach Klosterneuburg/Weidling und bin einem unglaublich klugen, klaren, offenen und herzlichen Menschen begegnet.
Ich bin immer mehr in seine vielseitige Arbeit eingetaucht und habe einen Künstler entdeckt, der keine Grenzen kannte – weder künstlerische noch nationale. Er arbeitete international, lotete formale Genregrenzen aus und setzte sich über verordnete Tabus hinweg. Dabei hat Peter immer Stellung bezogen. Faschismus und Rassismus, das Ausgrenzen von Volksgruppen und „Unangepassten“, soziale, ökonomische und politische Missstände, seelische Abgründe und vielfache Formen und Folgen von Einsamkeit hat er in seinen Filmen verhandelt. Er kritisierte und torpedierte Obrigkeitsdenken und eine gewisse Untertanenmentalität.
Viele seiner Arbeiten sind akribische Sozial- und Milieustudien. Einer meiner Lieblingsfilme ist „Jugendliche“ (1972), ein frühes dokumentarisches Werk, das uns in die Lebenswelt, den Alltag, in die Probleme und Träume einer neuen Generation (nach `68) eintauchen lässt. Er drehte hier einfühlsame und genaue Porträts. Er erzählte (wie in so vielen seiner Arbeiten) vermeintlich „kleine Geschichten“, die große, essentielle Wahrheiten des Lebens in sich tragen.
All das gelang deshalb so gut, weil Peter ein Humanist, ein Menschenliebhaber und ein Menschensammler war. Er erkannte die Essenz jeder*jedes Einzelnen, wobei ihm ganz egal war, wo jemand her kam und „was“ und „wer“ jemand war. Nur jemand wie Peter, der so wie er Menschen liebte und achtete, versuchte, auf sie einzugehen und sie zu verstehen, zu lieben und nicht zu verurteilen, war auch in der Lage, deren Abgründe präzise zu erforschen. Das machte eben auch die Qualität seiner Arbeiten aus.
Peter und ich haben immer wieder zusammengearbeitet und letztlich ist eine schöne Freundschaft entstanden, die immer wieder belebt wurde – auch ganz abseits irgendwelcher Projekte.
Immer wieder hat Peter mich um Mitternacht herum angerufen, mit mir über die politische Situation diskutiert und gefragt: Was können wir tun? Wo können wir aktiv werden? Und bei manchen gemeinsamen Veranstaltungen haben wir dann unsere Botschaft angebracht.
Als Peter mich gebeten hat, für ihn die Laudatio anlässlich der Verleihung des Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um das Land Wien zu halten, war ich unglaublich berührt und geehrt. Denn er hatte mir damit ein unglaubliches Vertrauen ausgesprochen. Ich hoffe, diesem gerecht geworden zu sein.
Gerade eben arbeite ich an einem zweiten Buch zu Peter und seinem Schaffen. Darin werden sich u.a. Erinnerungen seiner Studierenden finden, die wir gesammelt haben. Wir wollten Peter mit all diesen persönlichen Geschichten überraschen. Das war leider nicht mehr möglich.
Ich kann es noch immer nicht glauben. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass Peter mich nicht mehr spät abends anruft und mit mir plaudert und Pläne schmiedet. Ich höre noch immer seine Stimme und ich denke, dass er mir bei der weiteren Arbeit an seinem Buch über die Schulter schaut und mir den einen oder anderen Gedanken und Wunsch einflüstert.
Lieber Peter, Du fehlst…
(Karin Moser, Medien-, Zeit- und Sozialhistorikerin & Autorin)
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Ich hab so ein paar Erinnerungen an den Patzak. Aber ich glaub, die netteste war, als ich so 21 gewesen sein muss, zweites Jahr Filmakademie und es war irgendein Drama um mein Projekt, das war ja damals bald mal, wenn man widerborstig war oder irgendwas nicht tun wollte, was die Profs gesagt haben. Jedenfalls war ich in seiner Regie-Klasse und er musste extra in die Schule kommen wegen mir. Und ich dachte schon, puh, das wird auch unangenehm. Wir hatten dann einen Termin, ich war auch etwas verheult und verrotzt, weil ich mir das alles furchtbar zu Herzen genommen hab. Er ging mit mir aus der Akademie raus, „weil da kann man ned redn, da glaub i immer, i krieg ka Luft.“ Und wir gingen in ein Beisl ums Eck, das noch zu war. Die Kellner sperrten grad erst auf und er hat sie überredet, uns zwei Flaschen Mineralwasser zu geben. Da saßen wir also in der Sonne, tranken aus der Flasche, Gläser waren noch im Geschirrspüler, ihm wars egal. Dann hat er mir eine Zigarette angeboten. Sie mir angezündet. Und gesagt: „also, erstens: was is los? Und zweitens: egal, was es is, lass da von de Oaschlöcha nix gfalln.“ Das hat mir sehr gut getan damals. Und dann hab ich ihm erzählt, wie fehl am Platz ich mich immer auf der Akademie fühle, als würd ich nicht dazu gehören und er hat erzählt, dass es ihm auch immer so gegangen ist. Dass er mit dem ganzen Getue in der Kunstwelt nie was anfangen hat können. Dass er einfach immer drehen wollte. Und dann hat er von seiner Kindheit in der Brigittenau erzählt und vom Kottan und es ist ein richtig schönes Gespräch geworden, an das ich mich heute noch erinnern kann.
(Barbara Kaufmann, Autorin & Filmemacherin)
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