Malina Nwabuonwor und Alexander Reinberg sind Teil der Drehbuchklasse an der Filmakademie Wien. Mit dem mdw-Magazin sprachen die beiden Nachwuchsautor*innen darüber, wie sie zum Schreiben gekommen sind, was sie von ihren Auslandserfahrungen während des Studiums mitnehmen konnten und wo sie Inspirationen für ihre Arbeit finden.
Ein Bestattungsunternehmen oder eine Tischlerei hätte sie von ihrer Familie übernehmen können, stattdessen zog es Malina Nwabuonwor zum Studium in die Großstadt an die Filmakademie Wien. „Geboren mit einem unaussprechlichen Namen in einem österreichischen Kaff wollte ich immer eines – hinaus in die Welt“, erzählt sie. Bis es so weit war, hat sie sich diese in Form von Geschichten nach Hause geholt, die sie sich vor allem selbst erzählt hat. „Das Geschichtenerzählen, die Filme und das Schreiben haben mich fasziniert, seit ich denken kann“, erinnert sie sich.
2014 beschloss sie schließlich, sich für das Drehbuchstudium in Wien zu bewerben. „Nebenbei war ich lesend und beratend in einer Produktionsfirma tätig.“ Ihre stete Neugier auf andere Welten, brachte sie 2017 ans Centro de Capacitación Cinematográfica in Mexiko-Stadt. „Dort lernte ich von mutigen Erzählformen, neuen Sichtweisen und verstand, wie man am ‚Tag der Toten‘ das Leben feiert. Schreiben heißt schließlich entdecken“, berichtet sie von ihrem Auslandsjahr. Während die Ausbildung in Wien alle Departements eines Films stark miteinander verknüpft und Studienanfänger*innen alle Bereiche kennenlernen, ist das Drehbuchstudium in Mexiko eine eigenständige Ausbildung. „Ich hatte dort von Montag bis Freitag täglich von 16 bis 22 Uhr ausschließlich Drehbuchunterricht. Vormittag war freie Schreibzeit.“ Neben Arthouse-Kino, war der Unterricht stark auf modernes und klassisches Theater ausgerichtet sowie auf Serien. Diese intensive Zeit hat vor allem ihren Schreibmuskel gestärkt, meint sie heute. „Ich habe mich endlich mehr in den Theaterbereich hineingewagt und wurde mit ganz anderem Schreiben konfrontiert – z. B. für Telenovelas.“ Während in Österreich der Autor*innenfilm eine starke Position einnimmt, sind in Mexiko sogenannte Writers Rooms, also Räume, in denen mehrere Autor*innen gemeinsam an einem Drehbuch arbeiten, schon lange gang und gäbe. „Im Arthouse-Kino merkt man stark den Einfluss des magischen Realismus“, erinnert sie sich auch an ihre vielen Besuche in einem Kino, neben dem sie während ihres Aufenthalts in Mexiko gewohnt hat.
Genau wie Malina Nwabuonwor verbrachte auch Alexander Reinberg ein Jahr im Ausland – an der University of Southern California (USC) in Los Angeles. „Prinzipiell ist zu sagen, dass man überall mit Wasser kocht“, fasst er seine Eindrücke zusammen. Da das Masterstudium dort auf nur zwei Jahre ausgelegt ist, war es viel intensiver als an der Filmakademie. „Man musste pro Semester ein bis zwei längere Werke schreiben, also einen Spielfilm oder Serienpiloten.“ Aus dem an der USC üblichen „recht klassischen Zugang“ zum Handwerk, konnte er sehr viel mitnehmen, vor allem, weil er diesen dank der Filmakademie in einen „umfangreichen erzählerischen Kontext“ einbetten konnte.
Mit dem Schreiben begonnen hat Alexander Reinberg schon in der Kindheit. „Schreiben ist ja immer auch ein Mittel, um sich mit sich selbst auseinanderzusetzen.“ Im englischsprachigen Zweig des Gymnasiums in Linz drehte sich schließlich vieles ums Theater – also schrieb er viel für die Bühne. Über einen Schulfreund, mit dem er einige Kurzfilme gedreht hatte, kam er schließlich auf die Idee, sich in Wien an der Filmakademie zu bewerben. Dort hat er wie alle Studienanfänger*innen erst einmal auch alle anderen Bereiche kennenlernen dürfen. „Ein Drehbuch ist ja kein in sich geschlossenes Werk. Es ist eine Anleitung, ein erster Schritt zu einem Film. Zu wissen, was ein Kameramann sieht oder wie ein Regisseur die Szene auflöst, ist essenziell für dieses Handwerk“, erklärt er die Zusammenhänge. „Insofern ist es wichtig, gleich zu Beginn einen Einblick in die verschiedenen Bereiche zu bekommen, die Film ausmachen und für die man mit seinem Schreiben eine Basis legen sollte.“ Seine Kollegin pflichtet ihm bei: „Ich finde es auch sehr wichtig, sich auch in den anderen Bereichen umgesehen zu haben. Das Drehbuch ist schließlich die Grundlage, eine Art Bauplan für den Film. Man möchte den anderen Departements ja etwas liefern, auf dem sie aufbauen können. Man lernt ‚filmischer‘ zu denken und zu schreiben. Simple Dinge, wie Einstellungsgrößen oder das Wissen darüber, wie man ein spannendes Bild komponiert, beziehe ich nun auch beim Schreiben einer Szene mit ein.“
Das hautnahe Erleben ist für beide in ihrer Arbeit immer sehr bereichernd. „Generell ist Kreativität nicht etwas, das aus sich selbst entsteht. Es bedarf immer einer gewissen Stimulation, einer Begegnung, eines Bildes oder Themas“, schildert Alexander diesen Prozess. Malina bekommt Inspiration für ihre Arbeit vor allem auch durch das Weltgeschehen, Museumsbesuche oder Gespräche. „Eine gute Geschichte packt mich emotional, ist mehrdimensional und lebt durch Charaktere, die nicht nur gut oder böse sind. Und sie versteht zu unterhalten“, so die Drehbuchautorin und Dramaturgin.
Beide Studierende können bereits auf erste Erfolge zurückblicken. Malina war für den First Steps Award in der Kategorie Drehbuch nominiert und hat bereits ein BKA-Startstipendium sowie das Drehbuchstipendium der Literar Mechana erhalten. Alexander war mit seinem Kurzfilm 37 Grad auf zahlreichen Festivals unterwegs. „Es ist ein Push in die richtige Richtung und man wird vor allem mutiger“, meint Malina. „Die Stipendien und Preise haben mich außerdem finanziell entlastet und vor allem in der Branche noch besser vernetzt.“ Alexander fühlt sich auf Festivalbühnen zwar nicht ganz zu Hause, genoss es aber sehr, den fertigen Film „mit perfektem Ton auf einer Leinwand“ zu sehen sowie die direkten Reaktionen des Publikums mitzuerleben.
Drehbuchschreiben ist ein Handwerk, das man erlernen kann: „Es geht darum, nicht aufzugeben, viel zu schreiben und mit Kritik umgehen zu lernen“, so Malina. Alexander ergänzt, wie wichtig es sei, dieses Handwerk weiterzuentwickeln und „sich am Ende des Tages dennoch selbst treu zu bleiben“. Talent und Glück seien dann allerdings auch noch zwei Faktoren, die mitbestimmen, wo man auf seinem Weg als Autor*in hingelange. „Ganz generell sind die besten Dinge, die man schreibt, die, wo man sich ohne Kalkül und ohne Wirkungsabsicht ganz einer Sache hingibt… Wo man ein Stück weit loslässt von Erwartungshaltungen. Dann kann Schreiben ungemein berauschend sein“, erklärt der junge Autor begeistert.
Text: Astrid Meixner
Der Text ist im mdw-Magazin Oktober/November 2020 erschienen.